Ich robbe auf allen Vieren durch den Matsch. Zwischen den Zähnen mein Khukuri-Messer. Ich habe mir aus meiner Schlafsackhülle einen Lendenschurz gebaut und kämpfe mich vor zum Wasser. Es sieht schmutzig aus, aber ich habe Durst. Also gieße ich es vorsichtig durch den Stoff meines Flecktarn-Kopftuchs. Die Nacht war kalt. In meinem Unterschlupf, den ich mir aus Birkenwurzeln, Ästen, Blättern und Moos gebaut habe, zieht es herein und obwohl ich über Nacht fast einen Kubikmeter Holz verbrannt habe, bin ich alle paar Minuten zitternd aufgewacht. Mein Frühstück: Heidelbeeren, sowie die letzten Tage auch. Mein Magen knurrt, aber meine Gedanken sind focussed. Mein Geist darf nicht die Kontrolle über meinen Körper verlieren. Ich nehme eine kurze Sequenz mit der GoPro für meine Follower auf: Ein Sprung vom Felsvorsprung ins eiskalte Wasser. Beim Rausklettern hat es mich erwischt: ein kleiner Schnitt im Fuß – Blut! Mit etwas Paracord binde ich sorgfältig die Wunde ab. Die Kälte, der Hunger, die Bären-Spuren - das alles ist nichts gegen meinen größten Feind: die Einsamkeit. Ich bin einfach nicht für diese Situation gemacht.
„Hyped! Bock! Angriff!“
Kampf, Überleben und in der Gegenwart vor allem Youtube-Formate über Survival, Bushcrafting und Outdoor sind eine Domäne der (toxischen) Männlichkeit. Doch welche Narrative haben wir für das Überleben von Frauen* in der Vergangenheit und Gegenwart? Welche Überlebensstrategien entwickeln sie in feindlicher Umgebung, Krisensituationen oder gegen alltägliche Gefahren? Schlagen sie sich als Einzelkämpferinnen durch oder nutzen sie die Stärke der Gruppe?
Im Frühjahr und Sommer 2023 erobern wir mit einer Gruppe Mädchen* im Alter von 14 Jahren die männliche Domäne Outdoor & Survival: wir bauen einen Unterschlupf, stellen Transportmittel und Waffen her, trainieren Nahkampf, lernen welche Pflanzen(teile) man essen kann, wie man ein Feuer macht, ein Handy hackt und schulen unsere Durchsetzungskraft.